Geschichte / Kopfreliquiar mit Johanneshaupt, Johannesschüssel

Kopfreliquiar mit Johanneshaupt, Johannesschüssel

Die Johannesschale beziehungsweise das Johanneshaupt aus dem Kloster St.Johann im Thurtal ist eine vorzügliche Silberarbeit des Feldkircher Goldschmieds Constantin Müller (erwähnt 1502-1536). In der Schale, die ungewöhnlich reich dekoriert ist, liegt der abgeschlagene Kopf von Johannes dem Täufer, mit dem Gesicht nach oben. Das Johanneshaupt ist ein Reliquiengefäss, bei dem man den Kopf wegnehmen kann. Am Hinterkopf befindet sich eine grosse Öffnung, durch die man ursprünglich Reliquien, vor allem Knochen von Johannes dem Täufer und seinen Eltern Zacharias und Elisabeth hineinlegte. Die Johannesschale ist ein typisches Kuss-Reliquiar. Vor allem am Fest von Johannes dem Täufer (24. Juni) hielt der Priester die Johannesschüssel den Gläubigen während des Gottesdienstes zum Küssen hin. Die Leute glaubten, dass der Heilige so vor allem bei Kopf- und Halskrankheiten helfe. Das Johanneshaupt wurde im Benediktinerkloster Alt St.Johann im oberen Toggenburg seit etwa 1510 als Reliquiar verwendet. Mit dem Umzug der Mönche ins neu erbaute Kloster Neu St.Johann gelangte 1629 auch der ganze Klosterschatz ins Priorat Neu St.Johann und 1803 ins Eigentum der Kirchgemeinde. Als man 1884 das Kirchendach reparieren musste, verkaufte die Kirchgemeinde die spätgotische Johannesschüssel für 1000 Franken an den Antiquar Julius Böhler in München. Ob und wie oft das Johanneshaupt danach den Besitzer wechselte, weiss man nicht. Auf jeden Fall entdeckte die St.Galler Goldschmiedekennerin Dora Fanny Rittmeyer das Kunstwerk 1948 in der Ausstellung «Mittelalterliche Kunstwerke in Luzerner Besitz». Sie konnte die Gottfried-Keller-Stiftung 1950 davon überzeugen, die kostbare Silberarbeit zu erwerben. Seither wird die Johannesschüssel als Depositum der Stiftung in unserem Museum in St.Gallen aufbewahrt. vm

Herkunft: Europa, Feldkirch (A) / Kloster St. Johann im Thurtal (CH)
Datierung: um 1500
Material: Silber, getrieben, ziseliert, gegossen, graviert, vergoldet
Masse: H 11 DM 29 cm
Inventarnummer: G 16501

Provenienz:
- 1950: Gottfried-Keller-Stiftung, Ankauf
- 09.02.1950: Gottfried-Keller-Stiftung, Depositum
- Kulturmuseum St. Gallen

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