Ethnologie / Kraftfigur, Nkishi
Kraftfigur, Nkishi
In der Demokratischen Republik Kongo leben etwa 200’000 Menschen, die zur Ethnie der Songye gezählt werden. Der Fluss Lomami durchquert ihren Lebensraum, die Hauptstadt ist Kabinda, wo auch das Oberhaupt der Songye beheimatet ist. Er geniesst in seinem Volk grosse Autorität und sakralen Status. In den Glaubensvorstellungen der Songye bilden die Welt der Ahnen und die Welt des Diesseits die Gesamtheit des Kosmos. Die geschnitzten Kraftfiguren verbinden die beiden Welten. Die mankishi dienen als kleine Figuren für den privat gelebten Glauben, die grossen Figuren sind von Dorfgemeinschaften genutzt worden. Ihre machtvolle Wirkung strahlen die grossen, menschenähnlichen Figuren durch die einzigartige Kombination aus guter Schnitzkunst und besonderem Schmiedehandwerk aus. Die Figur steht symmetrisch aufrecht, mit einem energisch wirkenden Gesicht. Die konisch geformten Augen sind mit grossen Kupfernägeln betont. Über das V-förmige Gesicht verteilt sind Applikationen aus Kupferplatten und Nägel aus Kupfer und Messing. Die Hände umfassen den gewölbten Bauch mit seinem akzentuierten Nabel. Die Hörner auf dem Kopf und die Bauchhöhle um den Nabel wurden von einem spirituellen Heiler, dem nganga, mit unterschiedlichen Substanzen gefüllt und durch einen rituellen Akt mit besonderen Kräften von Ahnen versehen, die wiederum über den nkishi dem Schutz der Dorfbewohner dienten. Die Halskette aus blauen und weissen Glasringen verstärken die kraftvolle Wirkung der Figur, kann doch jeder einzelne Glasstein als Repräsentant eines Ahnen interpretiert werden. Nachgesagt wird der Figur, dass sie vor Blitz und Donner schützen sollte. Denkbar sind aber auch andere Schutzfunktionen. as
Herkunft: Afrika, Zentralafrika, Demokratische Republik Kongo, Zaire, Kasai
Datierung: vor 1928
Material: Holz, Antilopenhörner, Kupferblech, Leder, Messingnägel, Glasperlen, Tier- und Pflanzenfasern, Tierhaare
Masse: H 98,5 x B 22 x T 22 cm
Inventarnummer: VK C
3149
Provenienz:
- 12.1940: Han Coray (26.04.1880-23.10.1974), Ankauf
- Kulturmuseum St. Gallen
