Geschichte / Wirtshausschild "Sonne", Stofel
Ein wunderbares Wirtshausschild: Es stammt aus Alt St.Johann im Obertoggenburg und ist auf 1702 zu datieren. Die Menschen in der Ostschweiz damals waren viel stärker vom Wetter abhängig als heute – nur schon wegen der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelversorgung. In dieser Beiz in Alt St.Johann war die Sonne sicher ein Dauerthema, und die Gäste wussten allerlei über sie, aus der eigenen Erfahrung, dem eigenen Alltag – ganz ohne SRF Meteo, ganz ohne Wetter-App. Bemerkenswert auch: Damals befand man sich mitten in einer globalen Kälteperiode, die heute als «Kleine Eiszeit» bezeichnet wird. Sie dauerte vom späten 13. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert. Eine besondere Kältephase zog sich über die Jahre 1688-1701, sie brachte Missernten, Mangel, Hunger und Not – auch Tote. Auch darüber erzählten sich die Gäste in der «Sonne» sicher allerlei. In die «Sonne» ging man aber nicht nur, um zu trinken und zu diskutieren. Wirtshäuser waren auch im Toggenburg eigentliche Brennpunkte der traditionellen Volkskultur, schreibt der Historiker Fabian Brändle, der sich eingehend mit dem Thema beschäftigt hat. Sie waren Orte der Entspannung und der Kommunikation, des Feierns und Politisierens, des Geschäftens und der Beziehungspflege. Sein Fazit: «An einem einzigen Abend mochte ein Gast trinken, ein Gespräch führen, seinen politischen Standpunkt äussern und ein Geschäft in Form des ‹Weinkaufes› abschliessen.» pm
Herkunft: Europa, Schweiz, St. Gallen, Toggenburg, Alt St. Johann
Datierung: 1702
Material: Holz, Kasein oder Eitempera
Masse: H 68 x B 67 x T 3 cm
Inventarnummer: G 8432
Provenienz:
- 1910: Johannes Forrer, Ankauf
- Kulturmuseum St. Gallen