Geschichte / Farbholzschnitt "Holländische Windmühle" / Handdruck Nr. 1

Farbholzschnitt "Holländische Windmühle" / Handdruck Nr. 1

"Holländische Windmühle / Handdruck Nr. 1"

Vier Hirnholz-Stöcke, auf der Rückseite "Abend in Volendam"; Farben: grün, gelb, grau, blauschwarz.
"Die Windmühlen wirken auf mich von nah gesehn auch viel kraftvoller, grossartiger, als man sie gewöhnlich abgebildet sieht", berichtete Martha Cunz ihren Eltern aus Volendam. Die Künstlerin war begeistert von der holländischen Landschaft und fertigte eifrig Skizzen für Holzschnitte an. Das Motiv der Windmühle kommt denn auch zweimal vor. Das vorliegende Blatt, das wegen seinem leuchtenden Gelb allgemeines Aufsehen erregte, zeigt eine Windmühle in starker Nah- und Untersicht. Es ist eine kühne Komposition mit einem ausladenden, diagonal zum hochrechteckigen Format gestellten Mühlearm. Diese extreme Diagonale, die von der unteren rechten Bildecke in die obere linke zielt, stellt eine Besonderheit des japonistischen Bildaufbaus dar. Die Kompositionsweise lebt aus der Spannung von Hochformat, auffälliger Untersicht und dynamischer Diagonale. Bei diesem Holzschnitt hatte die Künstlerin zu Beginn kompositorische Schwierigkeiten. Sie fand immer, "dass es noch an irgend etwas fehle, konnte aber nicht darauf kommen, wie abhelfen". Martha Cunz fragte darauf ihren Künstlerkollegen Adolf Thomann um Rat und erklärte:
"Erst bot er mir an, mir unten eine Kuh einzusetzen, dann meinte er aber, ich hätte in der Luft mit Vögeln etwas dagegen führen sollen. Jetzt hab ich letzteres auf einem Druck probiert u. sieht die Geschichte gleich ganz anders aus, das gewisse Etwas, was mich immer störte, die Monotonie, ist jetzt behoben. Ich bin recht froh um Thomann, er ist einer von denen, die mit ihrem Urteil u. Rat herausrücken u. nicht bange sind, dass der andere davon zu viel profitieren könne."
Im April 1905 bekundete sie noch immer Probleme und teilte mit: "Die Holzschnitte muss ich auch noch korrigieren u. besser drucken. Bin übrigens mit den Vögeln bei der Mühle schön in der Patsche. Ich war heute im zoolog.[ischen] Museum, um einige nötige Skizzen dazu zu machen. Wie ich aber nach Vögeln mit ausgespannten Flügeln wie in Flugstellung, fragte, meinte der Diener: Das haben wir nicht, denn wissen's, das braucht zuviel Platz. Nun weiss ich wirklich noch nicht, was tun, denn das Material dort war für diesen Zweck nichts. Ich ärgere mich, weil ich weiss, dass Ihr im St.Gall.[er] Museum das nötige habt; aber es wird sich im letzten Moment schon noch ein Weg finden."
Dazu meinte ihr Vater: "Dass Dich die Vögel für den Holzschnitt ärgern, ist uns etwas unverständlich, Eugen meint, es gebe ja doch nur ein paar Striche, die ebensogut etwas anderes vorstellen könnten, u. fliegende Vögel wird es doch auch in München geben; schliesslich könntest Du ja einen Luftballon hineinmachen oder eine Flugmaschine nach eigener Konstruktion."
Die Vorschläge überzeugten die Künstlerin nicht, und sie schrieb: "(N.B. die Vögel habe [ich] noch eingesetzt, ich zog sie der Flugmaschine doch noch vor!)"
Schon kurz nach seiner Vollendung sandte Martha Cunz den Holzschnitt zur Teilnahme an die IX. Internationale Kunstausstellung im Glaspalast ein. Die Anzahl Arbeiten pro Künstler war begrenzt, doch setzte sie in diese Darstellung grosse Hoffnung, "da für kleinere Sachen eher Platz ist". Die in Basel tätige Jury für die Schweizerabteilung akzeptierte das Blatt. Im Juli 1906 erwarb die Eidgenossenschaft die Holländische Windmühle, zusammen mit "Auf der Messe". Von diesem Blatt existiert auch ein Maschinendruck in der Grösse von 21:14 cm.

Herkunft: Europa, Schweiz, St. Gallen
Datierung: 1905
Hersteller(in): Martha Cunz (1876-1961)
Material: Farbholzschnitt 4 Hirnholz-Stöcke (im Kunstmuseum St.Gallen erhalten, auf der Rückseite "Abend in Volendam", HOLZSCHNITT-KATALOG NR. 19); Farben: grün, gelb, grau, blauschwarz
Masse: H 30 x B 20 cm
Inventarnummer: G 2009.123

Provenienz:
- 20.03.2009: Philippe Schuler Schuler Auktionen AG, Ankauf
- Kulturmuseum St. Gallen

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