Ethnologie / Schaufigur einer Hererofrau aus Namibia, Umlauff

Schaufigur einer Hererofrau aus Namibia, Umlauff

Nachdenklich und etwas müde sitzt sie da – heute im Depot, davor jahrzehntelang in der Afrika-Ausstellung. Sie gehört zu den 29 ethnographischen Schaufiguren, die man für die Eröffnung unseres Museums 1921 gekauft hatte. Zwanzig davon sind noch heute erhalten. All diese Figuren, produziert von der Firma Umlauff in Hamburg, erzählen mehrere Geschichten, die Herero-Frau die wohl empörendste und bedrückendste. Sie erinnert an den Herero-Aufstand 1904-1908. Südwestafrika, das heutige Namibia, war 1884 deutsche Kolonie geworden. Der Aufstand der Herero gegen die Landenteignungen endete mit einer schrecklichen Niederlage. Tausende verdursteten mit ihren Rinderherden – der Lebensgrundlage der Herero – in der Wüste, wohin das deutsche Kolonialheer sie vertrieben hatte. Seit dieser Katastrophe gehören die überlieferten Lebensformen dieses Bantu-Volks endgültig der Vergangenheit an, ebenso die aus Leder gefertigte Tracht der Herero-Frauen. Um 1900 waren solche «lebensechte» Schaufiguren ein beliebtes Mittel, um in Völkerkundemuseen aussereuropäische Kulturen zu inszenieren. Sie sollten die verschiedenen «Menschentypen» darstellen. Als Vorlage dienten meist Fotografien aus der entsprechenden Weltgegend. Ausgestattet waren die Figuren mit Kleidung und Utensilien, die man ebenfalls für «typisch» hielt: Schmuck, Arbeitsgeräte, Waffen – darunter viele originale Stücke. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Schaufiguren zunehmend als veraltet und fragwürdig empfunden, als exotisch-kulissenhafte, ja rassistische Verallgemeinerung, die den jeweiligen Menschen und Kulturen nicht gerecht wird. In den 1970er-Jahren waren die meisten Figuren aus den Museen verschwunden. Seitdem werden sie nur noch gelegentlich ausgestellt, insbesondere in historischem Kontext und in Form künstlerischer Interventionen. pm

Herkunft: Afrika, Südafrika, Namibia
Datierung: vor 1920
Material: Papiermaché - Masse
Inventarnummer: VK 2007.187

Provenienz:
- Kulturmuseum St. Gallen

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