Ethnologie / Gruppe mit Menschendarstellungen
Gruppe mit Menschendarstellungen
Ein Dutzend Kinderaugen schaut konzentriert in die niedrige Vitrine. Warum hat diese Figur zwei Gesichter? An der Museumsführung wissen die Kindergartenkinder manchmal die Antwort: Es ist eine Mutter mit ihrem Kind. Die Inuit-Frau trägt ihr Baby auf traditionelle Weise in einem amauti auf dem Rücken, einem Parka mit vergrösserter Kapuze. Dem Kind ist es dort, angeschmiegt an die Mutter, wohlig warm, und da es nackt ist, bemerkt die Mutter schnell, wenn es friert. Diese Mutter-Kind-Figur ist Teil einer ganzen Figurengruppe. Alle Figuren tragen Parkas. Unter diesen sticht ein Mann mit Bart besonders hervor. Der Bärtige muss ein Europäer sein, der wusste, wie man sich in der arktischen Umgebung warmhält. Die Figuren sind teilweise bemalt und aus Walross-Elfenbein geschnitzt. Elfenbein war in der Arktis ein in Fülle vorhandener Werkstoff, mit dem alle möglichen Werkzeuge oder eben auch Spielzeug gefertigt wurde, sozusagen Inuit-Playmobil. Erwachsene spielten oft mit bei Kinderspielen, selbst die Grossmutter rannte beim Rabenspiel mit den Armen flatternd herum – zum Spass von Klein und Gross, aber auch, um auf den Winterwanderungen den eigenen Kreislauf fit zu halten. Inuit-Kinder wurden geliebt und konnten sich frei bewegen. In den langen Sommertagen gab es keine Zubettgeh-Zeiten. Inuit schlugen ihre Kinder auch nie. Doch ganz so lax war die Erziehung trotzdem nicht: Die Kleinen wurden angehalten, die Erwachsenen in ihren Tätigkeiten nachzuahmen, und sie konnten von jedem Erwachsenen für ein Vergehen gerügt werden. Erfolg wurde hingegen überschwänglich gelobt. js
Herkunft: Amerika, Nordamerika, USA, Arktis oder Alaska
Datierung: 19./ 20. Jh.
Material: Elfenbein geschnitzt und teilweise bemalt
Masse: H 5 x B 2,5 x T 1,5 cm
Inventarnummer: VK D
1300
Provenienz:
- 2006:, Altbestand
- Kulturmuseum St. Gallen
