Geschichte / Hauptstandarte einer Ordonanzkompanie, Fahne
Die "Burgunderfahnen" in der Sammlung des HVM stammen aus den militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem Herzogtum Burgund und der Eidgenossenschaft zwischen 1474 und 1477, die als "Burgunderkriege" in die Geschichte eingegangen sind. Am 2. März 1476 kam es in der Schlacht bei Grandson zum ersten grossen Treffen. Dabei mussten die Truppen von Karl dem Kühnen eine empfindliche Niederlage im Kampf gegen die eidgenössische Infanterie hinnehmen. Den Siegern fiel nicht nur eine grosse Beute an Fahnen und Kriegsmaterial in die Hände, sondern auch das mit Kunstschätzen ausgestattete Feldlager Karls des Kühnen. "Man vant ouch in dem leger", heisst es bei Diebold Schilling, "das man im angewunnen hat, gar vil köstlicher panern und venli von gold und siden gemacht...". Aus der Stadt St.Gallen hatten 131 Mann unter Hauptmann Ulrich Varnbüler teilgenommen. Die St.Galler brachten 28 erbeutete Fahnen nach Hause. Davon sind noch acht Stück erhalten. Die Schwadronsfahne weist eine gespaltene Spitze auf. Die Tülle oder Stangenhülle in Rot und Blau zeigt die Abteilung an, der das Banner zugehörte. Daneben ist in einem Vierpass auf einem gotischem Stuhl sitzend die Figur des Apostels Judas Thaddäus zu sehen. Abweichend von der Tradition, die ihn als Greis darstellt, ist hier ein von Locken umwalltes Gesicht eines Mannes von kräftiger Gestalt zu sehen. In der Hand hält er eine Schriftrolle. In den Ecken sind funkensprühende Feuerstahle zu sehen. Das folgende Quartier zeigt das Andreaskreuz. Hier sind durch so genannte Liebesknoten die Initialen "C" (für Charles) verbunden und an den Schmalseiten wieder zwei Feuerstahle sichtbar. Der Heilige Andreas war der Schutzpatron des Burgundischen Herzogtums sowie des Ordens zum Goldenen Vlies. Es folgt der von Flammen durchzogene Wahlspruch Karls des Kühnen, "Je lay emprins" ("Ich habe es gewagt"). Die beiden Enden nehmen nochmals die Farben des Korps auf. Darauf sind das schiefe Stabskreuz mit dem Feuerstahl zu sehen, dessen Funken die ganze Fläche beleben.
Herkunft: Europa, Frankreich, Burgund, Schweiz, Waadt, Grandson
Datierung: um 1476
Material: Leinen, Seide, Ölfarben, Gold, Silber
Masse: H 136,0 cm x B 485,0 cm cm
Inventarnummer: G 11907
Provenienz:
- Kulturmuseum St. Gallen