Geschichte / St.Galler Feilträger

St.Galler Feilträger

"Libetma Claus Gugga"

Dieses stattliche Tafelbild von 1593 ist ein Schlüsselwerk der St.Galler Stadtgeschichte. Beinahe wäre das Sujet 1920 auch für den Brunnen im Innenhof des Museums ausgewählt worden, den Wettbewerb gewannen jedoch Gallus und sein Bär. Bis 1870 hing das Gemälde in der offenen Markthalle der Brotlaube beim heutigen Bärenplatz. Hier fand nicht nur der Brotmarkt statt, es war auch der Umschlagplatz der berühmten St.Galler Leinenstoffe, Leinwandbank genannt. Dort waren zehn städtische Feilträger (Zwischenhändler) für den fairen Verkauf der Stoffe zuständig. Ein solcher Feilträger ist hier zu sehen. «Clauβ von Gugga der Jung» ist vermutlich ein Spitzname. Es gab damals einen Niklaus Vonwiller, zusammen mit Hans Ulrich Frank war er der Jüngste im Amt. Der Maler des Tafelbilds, Daniel Frank, war dessen Bruder. Bekannt ist auch der Älteste der Geschwister, Melchior Frank. Er schuf 1596 den «Frankplan», eine berühmte Stadtansicht von St.Gallen. Von Daniel war bisher nur bekannt, dass er für sein Werk vierzig Gulden erhalten hat. Quelle ist eine Rechnung des Bauamts von 1594. Mit 21 Jahren verlor sich die Spur des Malers. Es blieb die Vermutung, er sei «jung verstorben oder in fremde Lande gezogen». Zufällig führten im Frühjahr 2020 Nachforschungen ins Stadtmuseum von Kaufbeuren im Allgäu – in Coronazeiten natürlich digital. Es ging um eine Patrizierfamilie, die Kontakte zur St.Galler Oberschicht pflegte. Zurück kam ein Artikel über eine Gedenktafel dieser Familie mit dem Lebenslauf des Künstlers – zur grossen Überraschung ist es Daniel Frank. 1593 tauchte er erstmals in einem Häuserverzeichnis am Markt auf. Es war die angesehene Malerwerkstatt Rembold. Daniel wurde Mitarbeiter von Jakob Rembold und Mitinhaber des Hauses. Als dieser 1595 starb, heiratete die Witwe den 22jährigen St.Galler. Seine Zukunft lag nun in Kaufbeuren. Er wirkte als Maler, Kirchenpfleger, Ratsherr und Stadtbaumeister. Zwei Söhne wurden ebenfalls Künstler. Der Älteste, Hans Ulrich, schuf viel beachtete Radierungen zum Dreissigjährigen Krieg. mm

Herkunft: Europa, Schweiz, St. Gallen
Datierung: 1593
Material: Öl auf Tannen-und Eichenholz
Masse: H 246,0 cm x B 165,0 cm x T 4,50 cm
Inventarnummer: G 21404

Provenienz:
- 1979: Historischer Verein des Kantons St. Gallen, Altbestand
- Kulturmuseum St. Gallen

Zur Sammlung hinzufügen

Zurück

Image

Ähnliche Objekte

Bildnis eines unbekannten, älteren Mannes, (Pfarrer, Dekan / Reformator ?), (Miniatur)

Bildnis des Daniel Engler (1721(?) -), Richter etc.

Porträt Frau Rietmann, Bildnis

Ölgemälde Wildenmannlisloch