Geschichte / Farbholzschnitt "Niesen bei Abend" / Handdruck Nr. 1
Mutig in der symmetrischen Gestaltung ist der blauviolette Niesen vor gelbem Himmel mit bogenartigem Wolkenabschluss.
Der Thunersee im Vordergrund spiegelt die Farbe des Himmels, die Uferzone stützt den Bergkoloss.
Diesem Holzschnitt haftet etwas Sinnbildliches an.
Martha Cunz verarbeitet darin alle ihre Erfahrungen, beschränkt sich auf Wesentliches, überhöht, ohne pathetisch zu werden.
"Niesen bei Abend" ist die am stärksten an Ferdinand Hodler angelehnte Darstellung des mächtigen Berges.
Sie stellt gleichsam eine Synopsis der "Niesen"-Holzschnitte von Martha Cunz dar.
Man vergleiche dieses Blatt mit Hodlers 1910 gemaltem "Thunersee mit Niesen". "Zu den Landschaften, die immer mit Hodlers Augen sehen wird, wer sie einmal mit den Augen dieses Malers zu sehen gelernt hat, gehört ohne Zweifel der Thunersee mit dem Niesen." Dieser Wirkung konnte sich Martha Cunz trotz vehementer verbaler Gegenwehr nicht entziehen.
Wenn auch die Farben des Holzschnittes nicht mit dem Gemälde übereinstimmen und Hodlers Bildaufbau dank dem extremen Hochformat ungleich kühner wirkt, so stimmt Niesen bei Abend in seiner Grundkonzeption doch weitgehend mit diesem überein.
Die ausgesprochene Frontalität des pyramidenförmigen Berges und die Bogenlinie am oberen Bildrand sind unmittelbare Entlehnungen und rufen nach dem Vergleich!
Herkunft: Europa, Schweiz, St. Gallen
Datierung: 1917
Hersteller(in): Martha Cunz (1876-1961)
Material: Farbholzschnitt
4 Langholz-Stöcke (im Kunstmuseum St.Gallen erhalten); Farben: gelb, grau, blauviolett, dunkelblau
Reihenfolge der Stöcke und Farben gemäss Angaben auf den Platten: I gelb, II grau, III dunkelrot, IV blau
Masse: H 14,9 x B 26,2 cm
Inventarnummer: G 2009.214
Provenienz:
- 20.03.2009: Philippe Schuler Schuler Auktionen AG, Ankauf
- Kulturmuseum St. Gallen