Geschichte / Farbholzschnitt "Blick auf den Säntis", Nr. 1

Farbholzschnitt "Blick auf den Säntis", Nr. 1

"Blick auf den Säntis / Nr. 1"

Die aus einer gutbürgerlichen Familie stammende, an der Vadianstrasse 33 in St.Gallen aufgewachsene Holzschneiderin und Malerin Martha Cunz (1876-1961) erhielt ihre Ausbildung vornehmlich in München und Paris. Im Winter 1901/02 schuf sie ihren ersten Farbholzschnitt mit dem Titel «Abend», eine Ansicht der winterlichen Stadt St.Gallen. Mit ihren japanisierenden Farbholzschnitten konnte sich die Künstlerin schnell eine dominierende Stellung innerhalb der Gruppe der Münchner Holzschneider erobern. Bis 1927 folgten 71 Holzschnitte, daneben entstanden Ex Libris, Lithografien und bis 1951 insgesamt über 400 Ölbilder. Der Blick auf den Säntis, entstanden 1904, ist eines der berühmtesten und auch eigenständigsten Blätter der Künstlerin und war schon nach relativ kurzer Zeit vergriffen. In bewaldeter Hügellandschaft – gemeint ist der «Ruckhalden-Rank» zwischen dem Gaiserbahnhof und dem Riethüsli in St.Gallen – zieht eine Dampflokomotive dicke Rauchschwaden hinter sich her. Farblich und räumlich zurückversetzt erkennt man das Alpsteinmassiv mit dem Säntis in der Mitte. Die Bergkette reflektiert das Sonnenlicht und erstrahlt in hellem Glanz. Sie korrespondiert mit den Lichtern in der Lokomotive. Die flächige Darstellung verzichtet auf eine genaue Schilderung der topografischen Verhältnisse und setzt die Farbe als Stimmungsträger ein. Dieser Farbholzschnitt beeinflusste massgeblich Wassily Kandinsky in zwei Murnaulandschaften von 1909-1910. Im Holzschnitt von Martha Cunz wie in den Ölbildern Kandinskys sind Lokomotive und Rauchfahne stilisiert, und die Bildgegenstände werden als unabhängige Kompositionsformen behandelt. Eine persönliche Begegnung zwischen dem zehn Jahre älteren Russen und der St.Gallerin hat aber wahrscheinlich nie stattgefunden, obwohl in ihren Biografien einige auffallende Parallelen feststellbar sind. ds

Herkunft: Europa, Schweiz, St. Gallen
Datierung: 1904
Material: Farbholzschnitt 4 Langholz-Stöcke (im Kunstmuseum St.Gallen erhalten); Farben: orangegelb, hellgrau, grün, blaugrau, schwarz
Masse: H 24,7 x B 29,8 cm
Inventarnummer: G 2009.124

Provenienz:
- 20.03.2009: Philippe Schuler Schuler Auktionen AG, Ankauf
- Kulturmuseum St. Gallen

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